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31. Januar 2020

Wie schreibe ich einen Song?

Diese Frage hört man wohl an einigen Stellen und immer ist die Antwort eine andere und nicht wirklich zufriedenstellend. Nun .. auch ich habe da nicht die eine Formel, die für alle gültig ist und einen Song erfolgreich macht. Allerdings kann ich aus meinen eigenen Erfahrungen berichten und dir erzählen, wie ich an einen Song rangehe und welche Faktoren stark dafür sprechen, dass dieser auch erfolgreich werden könnte.

Ideen festhalten

Grundsätzlich ist es so, dass du nicht morgens aufstehst und dir denkst: Heute schreibe ich einen genialen Song!
Die zündende Idee oder die eingebende Melodie kommt meist unerwartet und auch meist zu völlig blöden Zeiten.
Wenn ich gerade eine Eingebung habe, hab ich zuvor schon Zähne geputzt, liege im Bett und bin bereit zum Schlafen. Genau dann ist der Moment, in dem du unbedingt nochmal aufstehen solltest und zumindest eine kleine Audioaufnahme mit deinem Handy machen solltest. Denn am nächsten Tag ist deine Idee wieder weg! Vielleicht hast du schon Ideen in ganz anderen Situation gehabt. Da du dein Handy sicher immer dabei haben wirst, egal wo du gerade bist – nimm es auf und halte deine Idee fest. Das ist der erste Schritt in die richtige Richtung! Denn die meisten guten Ideen für einen Song werden in solchen Momenten geboren und bilden eine super Grundlage für das, was jetzt kommt.

Song Ideen filtern und das beste herausholen

Je mehr Ideen du sammelst, umso besser ist es. Jetzt geht es darum, deine Ideen erst einmal zu filtern. Dafür nehme ich mir gern sehr viel Zeit und setze mich an einen ruhigen Ort. Das kann dein Homestudio sein, irgendwo draußen tief im Wald oder auch, wenn du eine Band hast, zusammen mit deiner Band im Proberaum. Wichtig ist, dass du dich beim Hören nicht zu sehr auf eine Idee versteifst, sondern alle Ideen, die du zuvor aufgezeichnet hast, erst einmal auf dich wirken lässt. Das kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Oftmals probiere ich dabei mit dem Klavier schon verschiedene Dinge aus oder summe eine Melodie vor mich hin, die dazu passen könnte. Auch das sollte man dann wieder irgendwie festhalten/aufzeichnen.

Meist erkennst du sofort, welche der Ideen oder Melodien wirklich was her geben und sich im Ohr festsetzen. Nach dem Ausprobieren und herumspielen mit verschiedenen Variationen der Melodie bleibt nämlich immer etwas hängen. Und nach einigen Tagen wirst du immer wieder die gleiche Melodie im Kopf haben, die du nicht mehr loswirst. Wenn du an diesem Punkt bist, dann hast du die eine Melodie gefunden, welche die Grundlage für deinen Song bilden wird.

Den Song entstehen lassen

Du hast jetzt also einen Ohrwurm oder eine Idee für deinen Song, der dir ständig im Kopf herumschwirrt. Wunderbar! Das ist oft der Zeitpunkt, an dem ich verrückt werde und es kaum abwarten kann, den Song endlich umzusetzen. Es kann auch sein, dass all das in einem Atemzug passiert und du deine Eingebung direkt in einen genialen Song umwandeln kannst. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass richtig gute Songs nur dann entstanden sind, wenn die Ideen genug Zeit hatten, auf mich einzuwirken und schon mehr als 2-3 Wochen herumliegen.

Es gibt nun verschiedene Möglichkeiten, an den Song heran zu gehen. Da ich Autodidakt bin und auch sehr wenig Ahnung von Notentheorie habe, ist für mich der Weg vielleicht ein anderer, als für dich. Manche schreiben sich nun die Noten der Melodie auf und formen daraus weitere Harmonien, die dazu passen. Ich gehe immer einen anderen Weg, der sicher etwas speziell ist.. Denn meine Ideen sind zwar auf der Aufnahme auch nur rohe Melodien, aber im Kopf schon halb geformt und mit Akkorden gefüllt, sodass sich der ganze Song schon in meinen Ohren zusammensetzt. Ich höre also einfach darauf und spiele meist mit dem Klavier erstmal das ein, was ich höre. Ich bin mir sicher, dass es bei vielen ähnlich sein wird. Dennoch gehört da immer das Ausprobieren dazu und mit verschiedenen Harmonien zu spielen. Gerade in einer Band kann man wunderbar den Song Stück für Stück zusammensetzen. Das ist übrigens auch ein super Tipp für Einzelkämpfer: Holt euch einen Musikerkollegen ran und geht mit ihm ein paar Mal die Melodie durch. Es ist unglaublich, was dabei entstehen kann!

Die Hookline oder der Wiedererkennungswert eines Songs

Nun haben wir unsere Idee schon weiter gefestigt und der Song formt sich langsam aber sicher zu einem Konstrukt, was uns schon gut gefällt. Die ursprüngliche Melodie-Idee ist zu einem Chorus herangewachsen und vielleicht habt ihr jetzt sogar auch schon Ideen für die Strophen. Sicher lassen sich auch frühere Ideen sogar mit eurem Song kombinieren. Hier probiere ich meist einfach viel aus. Doch bevor ich mich an den Aufbau des Songs setze, versuche ich die Hookline bzw. die Wiedererkennungsmelodie weiter herauszuarbeiten. Das heißt konkret: Falls es nicht schon geschehen ist, suche ich mir das Instrument aus, was am besten dazu passt und die Melodie am besten „trägt“. Oft habt ihr das sogar schon per Sprachaufnahme festgehalten, aber auch eine ursprünglich mit Gitarre aufgenommene Idee wirkt vielleicht auf dem Klavier oder komplett clean in Acapella drei mal so gut. Wie immer: Ausprobieren, testen und das beste herausholen. Egal welches Genre ihr gerade bedient: Wenn ihr anfangt, mitzutanzen, immer lauter dreht und dabei voll in Fahrt kommt, dann seid ihr auf dem richtigen Weg.

Ich lasse mir mit diesem Teil des Komponierens sehr viel Zeit, da er einfach am wichtigsten ist. Setzt auch ruhig ein paar mehr Instrumente ein, am Ende „ausdünnen“ kann man immer noch. Es muss auch jetzt noch nicht perfekt sein, aber es sollte zumindest für euch rund klingen. Jetzt wisst ihr, wie der Chorus klingen kann und er ist schon nahezu perfekt. Es kann also der nächste Schritt kommen.

Songstruktur

Songintro – die ersten 20 Sekunden deines Songs

Okay.. wie komme ich jetzt auf das Intro? Ist das nicht total unwichtig? – Nein eben nicht!
Gerade die ersten Sekunden deines Songs sind die entscheidenden! Es ist wahrlich toll, ein schönes langes Intro zu haben und auf den Song vorzubereiten, aber das passt leider nicht überall. Hier hängt es natürlich stark davon ab, in welchem Genre ihr euch bewegt. Dazu gibt es einfach keine pauschale Aussage. Deswegen würde ich mich hier mal auf den Bereich Pop/Rock beschränken, auch wenn es nicht nur hier relevant ist.

Egal ob Radiosender, Musikstreaming oder auf Platte – in den ersten 20 Sekunden entscheidet ein Hörer, ob ihm der Song gefällt oder nicht und ob er ihn weiter anhören möchte. Was können wir also tun, um in den ersten Sekunden zu fesseln?
Wir hatten doch eine gute Hookline! Unsere Ursprungsidee. Ist sie so eingängig, dass sie ins Intro passt? Dann ist es perfekt! Ab damit ins Intro und vielleicht mit einem anderen Instrument einspielen. Eventuell passt es auch, direkt mit dem Chorus einzusteigen? Oftmals eine Geschmacksache. Ich persönlich fange nie direkt mit dem Chorus an, sondern versuche, meine Hookline irgendwie ins Intro zu setzen. Es kann aber auch sein, dass diese nicht an den Anfang passt. Was dann?

Dann wäre es jetzt vielleicht Zeit, über eine gute Strophe nachzudenken. Auch wenn diese nicht so eine starke Gewichtung hat, wie euer Chorus, sie kann genauso entscheidend sein für die ersten 20 Sekunden. Bei einem meiner letzten Songs war der Einstieg eine knackige Gitarre mit gutem Rhythmus, der einfach mitzieht. Sowas funktioniert eigentlich immer. Der Gesang sollte hier grundsätzlich nach den ersten 2-4 Takten einsetzen. Auch ich neige oft dazu, das Instrument länger spielen zu lassen, weil der Rhythmus oder die Melodie einfach geil ist. Später aber probiere ich nochmals aus und merke, dass der Rhythmus ja die ganze Zeit mitläuft und man ihn die ganze Strophe über wahrnimmt, warum also nicht 2 Takte vorne kürzen und eher mit dem Gesang einsteigen?

Entscheidend ist, dass ihr auch länger über eurer Intro nachdenkt, damit ihr den richtigen Einstieg findet. Ihr habt bereits einen mitreißenden oder emotionalen Chorus. Sorgt dafür, dass der Zuhörer auch bis dorthin kommt! Es lohnt sich!

Aus dem Standard-Schema des Songs ausbrechen

Klassische Pop- oder Rocksongs haben oftmals den gleichen Aufbau:
> Kurzes Intro
> Strophe A
> Bridge/Prechorus
> Chorus (optional mit Post-Chorus)
> Strophe B
> Bridge/Prechorus
> Chorus (optional mit Post-Chorus)
> Solo oder C-Teil
> Chorus in doppelter Länge (optional mit Post-Chorus)
> Outro

Dieses Schema funktioniert gut und hat sich immer wieder bewährt. Doch ich bin oft geneigt, aus dieser Struktur auch mal auszubrechen und wie oben schon erwähnt, mal mit dem Chorus anzufangen, oder nach dem ersten Chorus vielleicht mal einen C-Teil kommen zu lassen. Das macht den Song etwas interessanter. Ich würde also auch dazu raten, mal gewagter Dinge auszuprobieren, die nicht nach Standard-Schema gehen. Gewisse Grundregeln gilt es dabei aber zu beachten:

  • Gesang rechtzeitig einsetzen (in den ersten 20 Sekunden)
  • Chorus nach ca. 1 Minute kommen lassen
  • C-Teil darf nicht in Konkurrenz zum Chorus treten
  • mögliches Solo kurz halten
  • leichte Steigerung im Chorus und am Ende „Gas geben“

Das sind alles nur ein paar Tipps, die aber für euren Songaufbau helfen können. Es gibt noch zahlreiche weitere Faktoren, die eine klare Songstruktur ins Wanken bringen können, aber die stelle ich erst einmal hinten an. Die wichtigsten wären genannt und nun kommen wir zur …

Strophe

Die Strophen in eurem Song sind dafür da, den Chorus zu stützen und darauf hinzuarbeiten. Dabei geht es genauso um die Melodieführung wie auch um den Text. Ich beschränke mich hier aber erstmal auf die Akkorde und Melodieführung.

Wenn ich einen guten Chorus habe und mich an die Strophe setze, fällt es mir oft schwer, etwas „leichteres“ zu finden, was den Chorus nicht schon zu sehr vorwegnimmt. Das wirklich nicht so einfach. Achtet bei der Melodieführung darauf, dass sie nicht zu kompliziert ist und gut auf euren ersten Chorus hinleitet. Es funktioniert immer gut, wenn ihr den Gesang tonal etwas tiefer haltet, als den Chorus. Es kann aber auch interessant sein, wenn die Strophe in Kopfstimme gesungen wird und der Chorus mit Bruststimme und kräftiger. Wichtig ist nur, dass die Strophe den Hörer nicht schon „weghaut“, das soll nämlich der Chorus übernehmen.

Des Weiteren achte ich auch darauf, dass die erste Strophe schon eine leichte Steigerung enthält. Nach jedem vierten Takt kommt eventuell ein weiteres Instrument dazu, oder der Beat setzt ein. Hier könnt ihr frei variieren. Auch sollte sich die erste Strophe von der zweiten unterscheiden. Denn oftmals ist besser, nach dem ersten Chorus nicht gleich wieder komplett auf Null zu fallen mit der Dynamik des Songs.

Bridge/Prechorus

Was ist eigentlich die Bridge? Brauche ich die unbedingt? – Nein. Es kann sinnvoll sein, eine zu verwenden, muss aber nicht zwangsweise in euren Song passen. Die Bridge ist eigentlich nur dazu da, eine Überleitung von der Strophe zum Chorus zu schaffen. Ich arbeite hier gern mit Pausen und harten Stopps. Das macht den Chorus umso kräftiger und prägnanter. Ich habe selten einen Song, der ohne Bridge auskam, das liegt aber auch daran, dass sich Strophe und Chorus nicht immer gut von der Dynamik und mit den Akkorden vertragen. Es hört sich dann teilweise so an, als hätte man die einzelnen Songteile zusammengefügt. Die Bridge könnte hier eine super Überleitung schaffen, die zumal eine gute Steigerung mit reinbringt. Es müssen auch nicht immer andere Akkorde sein. Vielleicht reiht es aus, die gleichen zu nehmen, wie in der Strophe und einfach die Gesangsmelodie anzupassen. Auch hier die Devise: Besser kurz halten, als zu lang. Ihr habt ja nur wenig Zeit um innerhalb von ca. 1 Minute in den Chorus zu „hüpfen“.

Post-Chorus

Der Post-Chorus ist der Teil eines Songs, der meist am nervigsten im Ohr bleibt. Bei gängigen Popsongs kann dies über einen Synthesizer erfolgen oder andere prägnante Instrumente, die die Hookline des Songs spielen oder eine andere ähnliche eingängige Melodie. So ein Post-Chorus kann schon einen guten Effekt haben, aber man sollte es nicht erzwingen, wenn es einfach nicht zum Song passt, denn das würde man dann merken.

Meinungen einholen

Wenn eure Struktur steht und ihr soweit zufrieden seid mit eurem Song, dann lasst diesen einfach mal von verschiedenen Leuten probehören. Nehmt euch konstruktive Kritik an, aber bleibt dabei eurer Linie treu. Denn nur ihr wisst am besten, was hinter diesem Song steckt. Dennoch helfen euch diese Meinungen von anderen, weil diese den Song zum allerersten Mal hören. Ihr habt ihn schon tausend Mal gehört und dabei wird man schnell blind für die offensichtlichen Dinge, die man irgendwann einfach überhört. Produziert euren Song auch nicht kaputt, irgendwann ist er einfach fertig und ihr müsst ihn mal präsentieren!

Fazit

Alles steht und fällt mit einer zündenden Idee, die mit der Zeit reifen muss. Es gibt nicht die eine Formel, aus denen ein Hit besteht, es gibt nur gewisse Richtlinien, an die man sich halten kann, aber nicht muss. Ihr müsst euch immer fragen, was und wen ihr mit eurem Song erreich wollt. Hier sollten auch Melodie und Text im Einklang stehen. Schreibt nicht blind drauf los, sondern lasst Ideen auf euch wirken und arbeitet sie aus. Probiert aus. Songideen können über Nacht entstehen, aber der endgültige Song braucht etwas Zeit um zu reifen.

Auch wenn ich euch hier nur ein paar kleine Tipps geben konnte, hoffe ich, dass ihr die Ideen und Ansätze etwas in eure eigenen Produktionen übertragen könnt. Songs schreiben ist eine kreative Arbeit, die man nicht erzwingen kann. Ich habe immer sehr viel Spaß daran, neue Dinge auszuprobieren und wollte die Erfahrungen, die ich über die Jahre gemacht habe, einfach gern mit euch teilen.

Sicher folgt auch nochmal ein Video dazu, in dem ich nochmal einen Song von der Idee bis zum Schluss durchgehe. Weitere Beiträge zu diesem Thema habe ich auch noch in Planung. 😉 Bis dahin wünsche ich euch viel Erfolg mit euren nächsten Songs!

Euer Mathias

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